Gleich zwei Aufsteiger in einem Interview, wann hat man das schon einmal. Alex und Corinna, ihr beide könnt euch über eine Beförderung freuen? Was heißt das denn konkret? Neue Chef-Büros, neue Chef-Tassen oder gar neue Chef-Parkplätze?
Alex: Haha. Weder noch. Ich hatte weder einen Parkplatz noch eine feste Tasse. Hattest Du eine, Corinna?
Corinna: Nein. Allerdings habe ich einen Parkplatz, im Gegensatz zu Dir.
Alex: Tja, den brauche ich als Bahnfahrer auch nicht.
Corinna Hohenleitner, Country Director, DACH, Criteo
Spaß beiseite. Es gibt Ernsthaftes zu besprechen. Alex, Du gibst nach neun Jahren Deinen Posten als Regional Managing Director unter anderem für Deutschland auf. Warum?
Alex: Nach fast zehn Jahren ist es an der Zeit, auch mal was anderes zu machen. Tatsächlich habe ich mich schon länger ein wenig aus dem Deutschland-Geschäft zurückgezogen. Seitdem übernahm Corinna sukzessive immer mehr Verantwortung für die Kunden zwischen Flensburg, Bern und Wien. Allein schon deshalb ist es eben kein spontaner Weggang, sondern eher eine Weiterentwicklung.
Corinna, Du bist neue Country Director, aber ebenso eine alteingesessene Criteo-Mitarbeiterin. Warum hat man Dir diese Position angeboten – und warum hast Du angenommen?
Corinna: Wir befinden uns in einer Transformations- und Umbauphase, in der wir die Bedürfnisse der Kunden noch stärker in den Vordergrund rücken wollen. Dem trägt übrigens Alex‘ neue Position ebenfalls Rechnung. Genau diese Konzentration auf die Kunden, ihre Bedürfnisse und die Frage, wie wir noch erfolgreicher zusammenarbeiten können, waren bei Criteo schon immer meine Themen. Jetzt kann ich genau in diesem Bereich noch mehr gestalten. Allein deshalb ist es für mich die perfekte Rolle und ich freue mich sehr über meine neue Herausforderung.
Wie verändert sich Deine Rolle?
Corinna: Ich trete noch weiter aus dem Tagesgeschäft heraus und kümmere mich künftig verstärkt um die strategischen Themen im DACH-Markt. Zudem gehört es zu meinen Aufgaben, möglichst viel Präsenz für Criteo zu zeigen und zu erreichen – bei Kunden, bei Events und in der Öffentlichkeit. Durch Corona passen wir die ursprünglichen Pläne natürlich den neuen Gegebenheiten an und verlagern das Ganze ins virtuelle.
Du hattest von einer Transformationsphase gesprochen. Wie soll sich Criteo strategisch weiterentwickeln?
Corinna: Wir hatten lange einen starken Fokus auf Retargeting – auch was die Wahrnehmung im Markt betrifft. Tatsächlich wird uns das aber schon lange nicht mehr gerecht. Wir haben uns entlang des Funnels schon längst viel breiter aufgestellt. Beispielsweise mit unserer Consideration-Lösung beim Thema Traffic-Generierung oder in Sachen App-Engagement, um nur zwei Stichwörter zu nennen. Immer wichtiger wird Retail Media, das ist mittlerweile der am schnellsten wachsende Bereich bei Criteo. Ein weiterer Schwerpunkt liegt zudem auf den Key-Accounts und Agenturpartnerschaften und zudem wollen wir uns strategisch wichtige Bereiche wie Connected-TV noch stärker ansehen.
Wie lange wird Corona noch unser Denken und Handeln bestimmen?
Corinna: Das wird uns noch lange beschäftigten – ganz besonders im Travel-Bereich. Wir versuchen hier unsere Kunden mit den Insights aus unseren Daten aktuell bestmöglich zu unterstützen. In diesem Zusammenhang wird es auch interessant sein zu schauen, wie wir den Trend hin zu regionaleren Reisezielen geschickt nutzen können. Bei den Retailern sehen wir schon heute, dass Omnichannel mit Bereichen wie Click-to-Collect noch viel wichtiger wird. Zum Einen geht es um die Frage, wie ich online die Offline-Verluste kompensieren kann, zum Anderen aber auch wie ich aus der aktuellen Phase mit einem zukunftsfähigen Konzept hervorkomme. Wir sehen schon heute eine Zeit voller neuer Chancen vor uns.
Alex, Du warst eben noch etwas verhalten. Kannst Du Deine Rolle noch einmal etwas genauer erklären?
Alex: Corinna hat schon viel erklärt. Wir haben uns in den vergangenen Jahren bereits massiv weiterentwickelt. Wir galten lange als One-Trick-Pony in Sachen Retargeting. Längst sind wir aber ein viel komplexeres Unternehmen, mit einer breiten Angebotspalette, aber auch mehr Konkurrenz. Schon deshalb müssen wir noch genauer auf das hören, was unsere Kunden wollen und sagen. Ein Ziel dabei lautet, zusammen mit großen Kunden jeweils neue Produkte zu entwickeln, um sie später dann allen zur Verfügung zu stellen. Ich vergleiche das immer etwas mit meinen Anfängen bei L‘Oréal.
Alexander Gösswein, VP Key Accounts, EMEA
Das musst Du näher erklären.
Alex: Ich habe zu Beginn meiner Karriere für L‘Oréal gearbeitet. Auch hier fließen die Forschungsgelder immer zuerst in die Luxussparte für die Kunden/Innen mit den höchsten Ansprüchen. Dann erst folgt der Produkt-Launch in den breiteren Zielgruppen. Und so verstehe ich auch mein neues Team. Wir wollen neue Entwicklungen testen, perfektionieren und dann ausrollen.
Kannst Du schon etwas konkreter werden. Welche Produkte sind damit genau gemeint?
Alex: Grundsätzlich entwickeln wir uns als Company immer mehr zu einer DSP. Unsere CEO sagt gerne: Wir sind eines der bestgehüteten Geheimnisse in der digitalen Industrie. Wenn Du mit anderen 3rd-Parties sprichst, überrascht es immer wieder, womit die alles Geld verdienen, was bei uns einfach Teil des Angebotes ist. Das heißt: Wir haben Produkte, die wir gar nicht als eigenständige Angebote anbieten. In einem ersten Schritt geht es darum unsere Produkte zu filetieren.
Zudem geht es auch darum, die Transparenz zu erhöhen. Wir hatten viele Jahre das Image einer Blackbox. Werbetreibenden noch umfassendere Einblicke in ihre Kampagnen samt direkter Steuerungsoptionen zu bieten ist ein Bereich, an dem wir arbeiten.
Was muss jetzt passieren, damit Criteo und die Kunden gestärkt aus der Corona-Krise kommen?
Corinna: Wie vorhin schon kurz angesprochen, der Online-Handel und die Digitalisierung profitieren in der aktuellen Situation. Viele Shops verzeichnen einen regelrechten Neukundenansturm. Jetzt wird es darum gehen, diese auch mittel- bis langfristig zu binden. Und genau an dieser Stelle können wir – wie kaum jemand sonst – helfen.
Alex: Ich sehe das auch so: Wir, wie überhaupt die ganze Digital-Branche, können aus der Corona-Krise gestärkt hervorgehen. Wenn wir die Chancen auch nutzen, die sich uns bieten.