Vom schlafenden Riesen zum Wachstumsmarkt
Retail Media ist ein vieldiskutiertes Thema im Digital Advertising. Die noch junge Werbe-Disziplin bietet Händlern in Zeiten sinkender Margen inkrementelle Umsätze und Markenherstellern Zugang zu kaufbereiten Zielgruppen. Im internationalen Vergleich steht Retail Media hierzulande jedoch erst am Anfang. 2018 entfielen auf Deutschland gerade einmal ein Prozent der weltweiten Umsätze dieses Segmentes.
Das ändert sich allmählich. Beim Retail Media Roundtable von Criteo sprach Krispin Reinbold, Head of Retail Media Demand, mit Armin Nusser, Leiter Retail Media & Events bei SportScheck, und Lilian März, Senior E-Commerce Manager Sponsored Ads von Performics, über ihre Erfahrungen in diesem Bereich, was diese Disziplin eigentlich leisten kann und welchen Ansatz sie jeweils verfolgen.
SportScheck ist seit Juli 2019 in diesem Bereich aktiv und versteht die Disziplin als „Werben am Treffpunkt für das Erlebnis Sport“. Das Unternehmen bietet Brands daher die Möglichkeit, ihre Produkte Multi-Channel, also über sämtliche Kanäle, zu bewerben: angefangen bei online, im Store, in den sozialen Netzwerken, Direct zum Beispiel im Kunden-Newsletter oder bei Events. „Wir können entlang der gesamten Customer Journey integrierte Kampagnen spielen“, sagt Armin Nusser, Leiter Retail Media & Events bei SportScheck. Der wichtigste Wachstumsträger ist für ihn derzeit online.
Bei allen Aktivitäten im Bereich Retail Media ist zu beachten, „dass das Kerngeschäft nach wie vor nicht das Werbegeschäft, sondern der Handel ist“, betont Nusser. „Wichtig ist, dass es zu keiner Kannibalisierung kommt. Ziel muss es immer sein, den Käufer, den wir auf der Website haben, tiefer reinzuführen. Und entsprechend muss sich die Werbung anpassen. Da sind wir gerade dabei.“
„Wer einmal mit Retail Media angefangen hat, bleibt auch dabei.“
Retail Media bietet Brands viele Vorteile. Werbemittel seien nicht nötig, denn der Content schon vorhanden, Kampagnen ließen sich zudem schnell, innerhalb von 24 Stunden realisieren, führt Nusser aus. „Wer einmal mit Retail Media angefangen hat, bleibt auch dabei, so unsere Erfahrung.“ Als Richtlinie für Kampagnen strebe man mindestens eine Steigerung von 600 bis 800 Prozent der ROAS-Werte an.
„Retail Media ist aktuell häufig noch kein fester Bestandteil der Markenkommunikation. Das muss sich entwickeln. Das Verständnis für entsprechende Kampagnen als Ergänzung ist noch nicht da, aber ich bin mir sicher, dass sich dies in den nächsten Jahren ändern wird“, zeigt sich Nusser zuversichtlich.
Kunden der Performance-Marketing-Agentur Performics sind bereits seit 2015 im Bereich Retail Media aktiv. Vorreiter ist hier die Consumer-Electronics-Branche, wie Lilian März, Senior E-Commerce Manager Sponsored Ads, ausführt. 2016 folgten dann Beauty und Lifestyle und 2017 FMCG, wo ein großes Wachstum zu sehen sei. Hier sind „sehr zufriedenstellende“ ROAS-Werte von bis zu 1.200 Prozent zu sehen.
Zu Beginn der Aktivitäten habe man vor der Herausforderung gestanden, dass viele Kunden der Agentur Retail Media als Konkurrenz zu Social Media und Search Advertising gesehen hätten. „Inzwischen ist Retail Media bei unseren Kunden aber eine etablierte Säule“, sagt März. „Es wurde als wichtiges Thema erkannt, aber es herrschen noch immer unterschiedliche Interessensgebiete zwischen Retail Media und Marketing vor.“ Künftig wolle man das Thema bei Performics übergeordneter angehen. Ziel sei ein holistischer Ansatz. „Grundsätzlich haben wir noch eine Menge Pionierarbeit vor uns.“
Ein Anfang ist aber gemacht, was wiederum Händlern zugutekommt, die jetzt mit Retail Media starten wollen. Grundsätzlich gilt: Der Werbekuchen ist noch nicht geschnitten und verteilt. So verwundert es nicht, dass der Marktwert von Retail Media stetig wächst. Vor allem Marken treiben diese Entwicklung voran, wie beim Roundtable deutlich wurde. Aber auch Händler wie SportScheck bestätigen diesen Trend und investieren zunehmend in die noch immer junge Disziplin.